Mein neuer Lieblingsplatz – kostenlos, aber nicht umsonst!
Die Geschichte eines spannenden Selbstversuches
Wenn die Leute im Dorf vorbei kommen sagen sie immer „Meiii, wie schön ihr das hier gemacht habt! Wirklich gemütlich ist es jetzt in diesem alten Häuschen und dem Garten! Endlich ist Leben hier drin!“ Leben! Ja das ist das richtige Stichwort, denn all das was wir hier in unserem kleinen Häuschen und im Garten haben wäre nicht mehr am Leben, hätte ich es nicht „gerettet“… Ja gerettet habe ich Vieles: Blumen, alte Balken, Möbel, Blumen, abgeschnittene Äste, Kisten, Seile, Blumen, Stoffe, Pflegeprodukte, Blumen, Computer, Lebensmittel, Tonnen, Pflastersteine, Blumen und noch mehr Blumen. Was die Leute Blumen wegwerfen! Puh. Und noch so viele andere Dinge auch!
Meine persönliche Vorgabe für unser erstes eigenes Häuschen ist so einfach wie genial: mein Freund Basti und ich werden nichts kaufen.
Keine Einrichtungsgegenstände, keine Pflanzen, keine Küche, keine Möbel – nichts! Nicht weil wir es uns nicht leisten könnte, nein… einfach weil ich versuchen möchte, ob es auch anders geht. Ich weiß, dass es ohne kaufen, also ohne Konsum geht. Upcycling ist das neudeutsche Wort dafür. Ich umschreibe es so: „Ich nehme Dinge, die andere nicht mehr wollen, einfach für meine Zwecke wieder her“. Das verlangt manchmal etwas Phantasie, oft auch Geduld und Zeit. Manchmal braucht`s auch Kraft. Vor allem dann, wenn ich sehen muss, was alles weg geschmissen wird. Aber ist es nicht schön, was man alles aus „Abfall“ schaffen kann?
Ich habe ein komplettes Haus (na gut, sind nur 40m², aber TROTZDEM!) und einen ganzen Garten nur mit gefundenen, gesammelten, geschenkten, geliehenen und weggeschmissenen Dingen eingerichtet und angelegt.
Unser allseits bewunderter „neuer“ Gartenzaun besteht zum Beispiel nur aus bereits abgesägten Frühjahrsrückschnitten von Bäumen und Sträuchern. Ich wollte keine lebenden Äste für meinen Zaun abschneiden, deshalb habe ich überall wo ich war Ausschau gehalten und gesammelt, was ich dachte, dass eine Chance hat zu überleben.
Ja „überleben“, weil ich einen lebendigen Zaun wollte. Die Äste stecken jetzt im Boden und gut die Hälfte bedankt sich für ihre Rettung mit frischen jungen Trieben! Das ist so schön.
Für die Gemüsebeet Begrenzungen haben wir alte Rasengittersteine genommen, die vom Vormieter noch da waren. Basti hat sie aufrecht in die Erde eingraben und in zwei Reihen übereinander gestapelt. Die Löcher wurden einfach mit Blumen bepflanzt, eine schnelle – und wenn dann alles blüht – schöne bunte Lösung um Beete einzurahmen.
Die Blumen dafür waren im Frühjahr vor allem Veilchen und Primeln, weil diese der Sommerbepflanzung auf den Friedhöfen weichen mussten. Dabei blühen sie den ganzen Sommer wunderschön und danken es dann sogar mit Samen, die auch im nächsten Jahr wieder treiben.
Hurra! Eigenes Gemüse im eigenen Beet mit vielen bunten geretteten Farbtupfern außen rum!
Beim Hundegassi habe ich grundsätzlich immer Eimer und Schauferl dabei – nicht wie ihr vielleicht denkt für die Hinterlassenschaften meines Hundes Monty. Nicht NUR jedenfalls: im Wald oder an Wegrändern finde ich immer wieder weggeschmissene Stauden, Blumenzwiebeln , Kräuter oder ganze Blumenkästen. Schwups… mitgenommen und ein zweites Leben geschenkt.
„Was, und die tolle Bank ist vom Sperrmüll?“, werde ich immer wieder gefragt. Ja, nicht nur unsere Eckbank auch der Kleiderschrank. Die Induktionsplatte ist aus der Mülltonne meiner Oma, der stylische Teekessel vom Wertstoffhof, das Bücherregal hat Basti aus alten Brettern selbst gebaut. Einmal schön drüber schleifen und es sieht aus wie neu und ist noch dazu mehr als individuell!
Der Küchenkasten wäre fast von Bastis ehemaligen Mitbewohnern entsorgt worden, das Nachttischkästchen ist aus einer alten Weinkiste gezimmert, die Regentonnen sind Abfallprodukte einer Firma, die Futtermittel herstellt, und der bunte Türvorhang ist ein Weihnachtsgeschenk meines Bruders.
Die Lampen im Gang, im Schlafzimmer und in der Küche hat Basti selbst gebastelt. Wir suchen gerne Treibholz oder sonst schön geformtes Holz im Wald und nehmen es mit nach Hause. Eine einfache Fassung eingebaut, ein klein bisschen Ahnung (oder Google Unterstützung) von Plus- und Minus-Pol und schon wird`s hell im neuen Häuschen!
Unser Brennholz für den Winter habe ich in einer „Facebook Verschenke- & Suche-Gruppe“ gefunden. Gegen Selbstabholung sind viele Leute froh, wenn sie wieder mehr Platz im eigenen Zuhause haben, weil sie es vielleicht selbst nicht mehr brauchen oder möchten.
Ebenso bei meinem Handrasenmäher… Da ich zuvor noch nie einen eigenen Garten hatte, war ich jetzt vor die Herausforderung gestellt: „Wie bekomme ich das Gras in den Griff?“ Für mich war klar: Kein Strom und kein Treibstoff, sondern Muskelkraft sollen meinen Rasenmäher antreiben. Gefunden habe ich ihn dann kostenlos, gegen Abholung bei EBAY Kleinanzeigen! Und es macht echt Spaß damit zu mähen!
Das Werkzeug für den Garten und zum selber Bauen haben wir auch nicht alles selbst. Es ist geliehen von unseren Nachbarn. Ja, auch Gegenstände teilen ist eine Option, die ich gerne nutze. Ich teile viel und alles: Küchenutensilien wie zum Beispiel einen Entsafter braucht man ja nicht alltäglich. Auch Werkzeug, das Auto, ein Anhänger, sogar die Waschmaschine kann geteilt werden. Mir macht das große Freude und ich bedanke mich gerne mit den Ergebnissen meiner Gartenarbeit oder ähnlichen: Selbstgemachte Marmelade, Zucchini, Tomaten, Salat, selbstgebaute Lampen all das macht jedem Freude!
Im Dorf hat sich schnell verbreitet, dass „die Neuen“ „alles nehmen“. Ja wir nehmen alles, was sonst weggeschmissen wird und so bringen mittlerweile viele aus der neuen Heimat einfach alles vorbei von dem sie denken, dass wir es brauchen könnten. Und alle freuen sich! Ich freue mich über neues Material jeglicher Art mit dem ich meiner Phantasie freien Lauf lassen kann und die Schenker sind glücklich darüber, dass sie es nicht wegschmeißen „müssen“! Wunderschön! So ist allen geholfen.
Aber vor allem brauche ich keine neuen Dinge kaufen, die extra produziert werden mussten, für die extra Energie (Fertigung, Lagerung, Transport) aufgewendet werden musste.
All das ist also nicht umsonst, nein im Gegenteil wir haben Altes wieder verwertet. Geben ihm einen neuen Sinn, ein zweites Leben und füllen so unseren neuen Lieblingsplatz mit Leben. Und noch viel mehr freut es mich, wenn ich sehe, dass jetzt auch der ein oder andere überlegt, was er denn aus seinem „Abfall“ noch so alles machen könnte.
Am Ende haben wir ein ganzes Haus und einen kompletten Garten nur mit gefundenem, gesammelten, geschenkten und weggeschmissenen Dingen eingerichtet! Es hat Spaß gemacht, es ist wunderschön geworden und es geht weiter…
Worum geht es?
Was brauchen wir wirklich? Jedes einzelne Produkt welches wir neu kaufen, muss aufwendig produziert, verpackt, geliefert und irgendwann entsorgt werden. Was für ein Aufwand! Wenn wir neue Dinge kaufen möchten, dann müssen wir wieder dahin kommen, dass wir uns genau darüber wieder mehr Gedanken machen.
Überleg` dir, was du brauchst, wer sowas verwendet und dann geh einfach mal fragen, ob du es ausleihen kannst oder es noch gebraucht wird. Die meisten Firmen freuen sich sogar, weil sie dann keine Entsorgungskosten bezahlen müssen. Unsere Gesellschaft muss wieder lernen zu teilen und dass Gegenstände von mehr als nur eine Person genutzt werden können. So, wie es tausende Jahre lang funktioniert hat. Gebrauchte Dinge findet man überall: Flohmarkt, Caritas-Stellen, Second-Hand-Shops, Ebay-Kleinanzeigen, Nachbarn, Gebrauchtläden, in Großstädten sogar auf der Straße.
Und Gebrauchtes ist nicht zwingend schlechter als Neues! Im Gegenteil… probier es einfach mal aus! Du wirst sehen, das macht auch richtig Spaß und du hebst dich noch dazu ab vom Einheitsbrei und machst es dir ganz persönlich und schön.
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