20 000 Kilometer zu Fuß um die Welt!

Loslassen um weiterzukommen.
Wir haben den Weltenwanderer Gregor Sieböck interviewt. Dazu gibt`s passend ein packendes Video. Viel Spaß beim Lesen und Losträumen…

 

 

Sei die Veränderung, die du in der Welt sehen willst! Getreu dem Motto seines großen Vorbildes Mahatma Gandhi hat der heute 33-jährige Bad Ischler Gregor Sieböck vor Jahren einen Job bei der Weltbank abgelehnt. Stattdessen folgte er seiner Sehnsucht und ging bei der Haustüre in Bad Ischl hinaus, mit dem Ziel irgendwann zu Fuß das tausende Kilometer entfernte Japan zu erreichen: Auf dem Rücken ein Rucksack, in der Hand ein Wanderstock und im Herzen viele Träume! Über 20.000 Kilometer hat er seither zurückgelegt: auf dem Jakobsweg, in Patagonien, auf der alten Inkastraße durch Südamerika, durch Kalifornien und Neuseeland – kreuz und quer durch Europa. In den vielen Jahren seiner Wanderungen ist er dabei weiter gegangen als viele von uns in ihrem ganzen Leben, und das im doppelten Sinn. Denn er sagt, man muss loslassen um weiterzukommen.


Interview mit Gregor Sieböck

Gregor, warum bist du losgelaufen?

Der Wunsch nach Veränderung. Ich habe Wirtschaft und Umweltwissenschaften studiert. Eines Tages kam mir eine Idee: Ich wollte in die Welt gehen und die Wanderung mit einer Kampagne für unsere Umwelt verbinden. Ich wollte mich den Menschen mitteilen und ihnen in einer Zeit der Hektik und des Konsums Alternativen aufzeigen. Ich wollte einfacher, bewusster leben. Bei einer Wanderung ist genau dies möglich. Also machte ich mich auf den Weg – ganz im Sinne Mahatma Gandhis: „Sei die Veränderung, die du in der Welt sehen möchtest.“

Wie viel Mut gehört dazu, das Gewohnte zu verlassen und sich aufs Ungewisse einzulassen?

Eine ganze Menge. Es ist eine große Herausforderung, sich vom Sicherheitsdenken in unserer westlichen Gesellschaft zu verabschieden. Man kündigt seine Arbeit, gibt seine Wohnung auf, packt den Rucksack und dann bleibt einem nur noch eines: darauf zu vertrauen, dass es ein guter Weg wird.

Mehr als 20 000 Kilometer hast du nun schon zu Fuß um die Welt zurückgelegt. Mit dem Auto wäre es einfacher, oder?

Das Zufußgehen ist eine sehr gute Möglichkeit, die Welt kennenzulernen. Das Gehen erfolgt mit der nötigen Langsamkeit, bei der Herz und Seele, Geist und Körper eine Einheit bilden. Mein Ziel war es, im Sinne des ökologischen Gedankens ganz bewusst zu reisen. Außerdem kann ich zu Fuß am besten in direkten Kontakt zu den Menschen treten, ohne dass mich ein Verkehrsmittel daran hindert. Ob auf den Pilgerwegen in Europa, auf der königlichen Inkastraße oder in den Dörfern Patagoniens – immer wieder sind mir spannende Menschen begegnet, die ich nicht kennengelernt hätte, wenn ich mit dem Auto gereist wäre.

Es heißt, wer viel besitzt, hat viel Gepäck! Wie sieht deine Ausrüstung unterwegs aus?

Ich versuche, so oft wie möglich draußen zu übernachten. Dementsprechend gehören zu meiner Ausrüstung ein Zelt, ein warmer Schlafsack, eine Isomatte und ein Spirituskocher. Hinzu kommt natürlich Kleidung für verschiedenste Eventualitäten. Als ich auf der Inkastraße unterwegs war, bin ich durch unterschiedliche Klimazonen gewandert. Ich war in Wüstengebieten unterwegs, geriet aber auch in Schneestürme. Die entsprechende Kleidung ist da ganz entscheidend. Auch Landkarten und mein Tagebuch dürfen nicht fehlen. Zu Beginn meiner Weitwanderung hatte ich noch Musik dabei. Heute singe ich lieber.

Auf Reisen hat man viel Zeit. Worüber denkst du nach, wenn du tagelang keinem Menschen begegnest?

Beim Wandern kommen mir viele Gedanken in den Sinn. Ich lasse Erlebnisse noch einmal Revue passieren, reflektiere über mich und meine Umwelt und finde fernab des Alltagslebens die Zeit, über die Vergangenheit nachzudenken. Aber eigentlich konzentriere ich mich gedanklich auf das Hier und Jetzt, lebe ganz bewusst im Augenblick. Das ist eine Phrase, die wir in unserer westlichen Welt zwar immer wieder hören, die aber im Alltag nur schwer umzusetzen ist. Beim Wandern gelingt es mir sehr gut. Ich setze einen Schritt vor den anderen, bis eine gewisse Geh-Meditation entsteht.

Auf welche Grenzen kann man als Weitwanderer stoßen?

Nach nur 20 Kilometern wartete die erste Grenze auf mich: mein schwerer Rucksack. Ich habe ihn abgesetzt, das Zelt aufgebaut und mich gefragt, wie ich mein Vorhaben überhaupt bewältigen soll. Also fing ich an, den Rucksack zu entrümpeln. Die bewusste Reduzierung des Gewichts führte dazu, dass ich leichter unterwegs sein konnte. Von da an habe ich immer wieder mit meinen physischen Grenzen gespielt. Ich hatte für die Wanderung ja nicht trainiert, sondern bin einfach drauflosgegangen. Nach 30 Wegkilometern, die ich pro Tag zurücklegte, habe ich mich gefragt, ob ich auch 40 schaffe. Dann 50. In Spanien hatte ich meinen ersten 60-Kilometer-Tag. Es war für mich eine großartige Erfahrung, zu spüren was möglich ist.

Wie sehen mentale Grenzen für dich aus?

Gedanklichen Grenzen habe ich ebenso versucht zu überschreiten und auch dabei hat mir das Wandern sehr geholfen. Ich habe oft darüber nachgedacht, ob es ein Leben ohne Grenzen geben kann. Wie könnte es aussehen? Welche gedanklichen Grenzen schaffe ich mir überhaupt? Beim Unterwegssein spürte ich, dass alles miteinander verbunden ist und es im Leben nichts Trennendes gibt. Also versuchte ich, in meinem Geist über die Grenzen hinauszugehen, die ich mir selbst geschaffen habe oder die durch die Erziehung und die Gesellschaft entstanden sind. So entsteht eine ganz neue Bewusstseinsebene.

Du bist meist allein unterwegs. Aus eigener Erfahrung wissen wir: Zu zweit ist vieles einfacher. Wie schafft man es sich selber Tag für Tag in schwierigen Situationen zu motivieren?

Es sind die besonderen Erlebnisse, die mir immer wieder große Kraft geben. Nach wochenlangem Unterwegssein mal wieder an eine warme Quelle zu kommen, in einer warmen Badewanne zu liegen oder in einem warmen Bett zu schlafen – das waren absolute Highlights auf der Tour. Die meiste Kraft aber schöpfe ich aus den Begegnungen mit Menschen.

Deine Füße sind dein „Werkzeug“. Erhalten sie eine besondere Pflege?

Meine Füße haben mir immer wieder signalisiert, wenn ich zu viel von ihnen verlangt habe. Vor allem in Kalifornien hatte ich durch das Wandern auf dem Asphalt am Highway 1 und am Highway 101 oft Probleme mit meinen Sehnen. Ein Zeichen für mich, eine Pause einzulegen. Auf meiner jetzigen Tour habe ich mir kein festes Ziel mehr gesetzt. Das Ergebnis: keine einzige Blase.

Wo bist du derzeit unterwegs?

Ich bin ich wieder auf Wanderschaft gegangen. Ich war viel in Europa unterwegs – auf alten Pilgerwegen und auch in Norwegen. Ich gehe Wege, die Menschen in Europa nachgehen können. Ich möchte den Menschen zeigen, was es auf diesem Kontinent Spannendes zu entdecken gibt. Es muss nicht immer die ganz große Ferne sein. Manchmal sitze ich auch gerne einfach stunden-oder tagelang auf der Hausbank. Aktuell komme ich aber aus einer längeren Patagonienreise zurück.

Was vermisst man unterwegs am meisten?

Einen Platz, an dem man bleiben kann

Der Weltenwanderer ist in dieser Saison noch einmal bei TRAUM & ABENTEUER und ERDANZIEHUNG live zu sehen.
Pack´ mas!

 

Infos zur Veranstaltung

WO: ONLINE im kostenlosen Stream
WANN: am Sa, 1.1.2022 von 14 bis 23 Uhr
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